Auf den ersten Blick hat die Antriebstechnologie Akku nicht viel mit Benzin-Produkten zu tun. Schaut man jedoch genauer hin, so wird schnell klar, dass die Entwicklung von neuen Akku-Geräten viel neues Wissen mit viel Erfahrung aus anderen Bereichen verbindet. Ein Beispiel: der STIHL AP 300S. Der neue Akku-Pack vereint die Entwicklung innovativer Methoden mit der Basis von bestehendem Unternehmenswissen.
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Systemauslegung Akku-Packs
Am Anfang steht eine Idee. Und die ist manchmal ebenso abstrakt wie klar: mehr Leistung für eine neue Säge mit dem Akku -Pack als Herzstück für eine neue Akku -Pack-Generation. Der neue Antrieb soll über 2,1 Kilowatt elektrische Abgabeleistung verfügen – weit mehr als bis lang im Markt verfügbar. Das gesamte Entwicklungsteam baut dazu neues Wissen auf, kann aber auch auf einen großen Erfahrungsschatz aus bereits erfolgreich absolvierten Projekten zurückgreifen.
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Systemauslegung Akku-Packs, Werkstofftechnik Tribologie
Welche Zelle kann die neuen Anforderungen erfüllen? Wie lassen sich größere Stromflüsse sicher und effektiv realisieren? Die Konzeption ist geprägt von vielen Gesprächen, Berechnungen, virtuellen und realen Tests sowie Bewertungen hinsichtlich Leistung, Sicherheit und Lebensdauer der neuen Zellen. Die hohe Stromtragfähigkeit ist dabei eine der größten Herausforderungen. Um diese auf das gewünschte Maß zu bringen, müssen im STIHL AP 300S gleich 30 Zellen derart miteinander verbunden werden, dass eine bislang nicht umsetzbare Leistungsfähigkeit realisiert werden kann. Die gewünschten Leistungen sind jedoch mit den bisher bekannten Materialien und Fügeverfahren nicht mehr darstellbar. Neue Ideen, neue Materialien für ein neues, innovatives Verfahren müssen her.
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Strömungsberechnung Methoden
Bereits vor, spätestens aber mit dem Aufbau der Prototypen beginnen auch die strukturmechanische und die thermische Simulation – bei Akku-Produkten ebenso wie bei den klassischen Benzin-Geräten. In beiden Fällen reduzieren die virtuellen Verfahren Versuchsschleifen und helfen, die speziellen Mechanismen besser zu verstehen, um so gezielt in einem frühen Stadium der Entwicklung Verbesserungen vornehmen zu können. Auch die ersten sicherheits- und zulassungsrelevanten Falltests erleben die neuen Packs am Computer. So sind schnelle Rückmeldungen an die Konstrukteure und Veränderungen am Design möglich. Denn das Gehäuse des STIHL AP 300S ist eine Eigenentwicklung.
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Validierung Akku-Packs
Auf eigenen STIHL Prüfständen im Werk 2 in Waiblingen-Neustadt werden die Prototypen der neuen Akku-Packs auf Herz und Nieren getestet. Die Bandbreite der Tests ist groß und soll dazu beitragen, möglichst alle Konstruktions-, Auslegungs- oder Anwendungsfehler aufzudecken. So geht es etwa um die maximalen Temperaturen beim Be- und Entladen oder beim Berühren durch den Anwender. Fehlerzustände wie ein Kurzschluss oder das Überladen werden künstlich herbeigeführt, um das Erreichen der hohen Sicherheitsanforderungen an das Endprodukt zu bestätigen. Tests zur Lebensdauer eines Akku-Packs sowie zu seiner Robustheit ergänzen das umfangreiche Portfolio. STIHL misst sich selbst dabei an Standards, die weit über die gesetzlich geforderten Maßgaben hinausgehen. Vielmehr ist es der eigene hohe Qualitätsanspruch, an dem sich alle Neuentwicklungen messen lassen müssen.
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Produktentwicklung Akku-Packs und Ladegeräte, Fertigungsvorentwicklung und Strategische Produktentwicklung
Das neue Fügeverfahren, mit dem die 30 Zellen des STIHL AP 300S verbunden werden, ist die Besonderheit des Produkts. Damit unterstreicht STIHL einmal mehr seinen Anspruch auf Technologieführerschaft. Denn: STIHL setzt als eines der ersten Unternehmen weltweit für Akku-Packs im Bereich der Power Tools auf einen Laserschweißprozess – und bringt diesen zur Marktreife. Die weniger als einen halben Millimeter dünnen Kupferverbindungen werden mithilfe eines Präzisionslasers an den Zellpolen fixiert. Der Weg hin zu diesem innovativen Verfahren bedurfte vieler Versuche und theoretischer Optimierungsschleifen sowie eines intensiven Austauschs mit externen Partnern. Das Resultat: Das Laserschweißverfahren wird nun beim STIHL AP 100, 200, 300 und 300S sowie auch beim AR 200L und 3000L in der Eigenfertigung in Waiblingen-Neustadt angewendet. Beim Profi-Produkt STIHL AR 3000L gilt es, nicht nur 30, sondern 90 Zellen prozesssicher in kürzester Zeit miteinander zu verbinden. Das gelingt nur mithilfe des neuen Verfahrens.
ANKE KLEINSCHMIT leitet seit 2018 das Vorstandsressort Entwicklung bei STIHL. Zuvor war sie bei der Daimler AG Leiterin der Technologiefabrik Powertrain, wo sie unter anderem die Digitalisierung in der Produktion vorantrieb.
An welchen Stellen sehen Sie bei Ihrer künftigen Arbeit besondere Schwerpunkte?
ANKE KLEINSCHMIT Wir arbeiten aktuell an einer Optimierung des Produktentstehungsprozesses – und zwar entlang aller Schnittstellen. Zudem befassen wir uns intensiv mit Produktthemen: Was zeichnet STIHL Produkte aus, wofür wollen wir als Marke stehen? Die Frage unserer zukünftigen Ausrichtung ist für mich entscheidend und ich diskutiere sie sehr intensiv – mit meinem Team und ressortübergreifend.
Akku-Produkte von STIHL sind sehr gefragt und weltweit auf dem Vormarsch. Damit einher geht eine früher als gedacht stattfindende Substitution von Benzin-Geräten. Welche Aufgaben kommen in diesem Zusammenhang auf die Entwicklung bei STIHL zu?
ANKE KLEINSCHMIT Wir haben bei den Benzin-Produkten eine hohe Kompetenz, die wir erhalten wollen. Es sind und bleiben unsere Kernprodukte. Aber es ist für uns essentiell wichtig, in neue Technologien zu investieren. Das sind sowohl Akku-Produkte als auch ganz neue Ökosysteme oder Geschäftsmodelle, bei denen wir uns überlegen müssen, womit wir den Rückgang bei den Benzinern auffangen können.
Wie kann STIHL auch in Zukunft den Anspruch auf Technologieführerschaft behaupten?
ANKE KLEINSCHMIT Durch mehr Vorentwicklung. Es geht darum, rechtzeitig relevante Technologien und Innovationen zu erkennen. Mein Zielbild ist, dass wir eine klare Vision entwickeln, wofür STIHL in Zukunft stehen soll: In welchem Geschäftsfeld bewegen wir uns, welche Ansprüche hat unser Kunde an unsere Produkte? Dieser Aufgabe müssen wir uns stellen, angetrieben durch die eigene Vision. Wir müssen nicht immer die Ersten am Markt sein, aber wir sollten das Selbstverständnis haben, unter den Besten zu sein.
Frau Kleinschmit, wir danken Ihnen für das Gespräch.